Wenn man sich in den Foren wie transfermarkt.de, den Sozialen Medien wie twitter, umschaut, dann kann man sofort sagen: Der Fan weiß alles und sofort und auch noch das Gegenteil, was alles im Spiel passiert ist. Er kennt jeden Spieler dessen Leistung (ohne Werte zu kennen), er weiß exakt, wie das Heimteam abgeliefert hat (oft nur anhand von Torschüssen und Ballbesitz). Warum dann noch analysieren…frag einfach den Fan oder dich selbst.
Okay. Hier ist natürlich eine ordentliche Portion Sarkasmus dabei. Um ehrlich zu sein, ist es fies. Aber die Wahrheit steckt nicht nur eben auf dem Platze, sondern am PC.
Nach der Sabermetrics-Revolution von Bill James im American Baseball 1971 begann der Weg der Zahlen in Verbindung mit der Analyse im Leistungssport. Zahlen wurden vor 1971, gerade in den USA, im Sport immer notiert. Allerdings nicht wirklich analysiert. Man hat sie zur Kenntnis genommen, darüber kurz geredet, fertig. Aber das Ergebnis, was all die Zahlen liefern, darum hat sich keiner wirklich gekümmert.
Die Zahlen, die Opta Sports und all die Datenanbieter weltweit liefern, sind die eine Seite der Medallie. Die anderen die, was wirklich auf dem Feld im Detail passiert.
WIE muss eigentlich analysiert werden ?
Mit Hilfe der heutigen EDV-Technik ist das „WIE“ schon geklärt. Schnelle Rechner mit ordentlicher Performance für Videobearbeitung und mittlerweile umfangreiche Software mit oder ohne Datenbank-Anbindung (lokal/per Cloud), alles vorhanden auf dem Markt. Anbieter wie wysout (kostenpflichtig) liefern Unmengen an Clips über Spieler im Bereich des Scouting.
Aber diese Clips sowie die eigenen erstellten Clips via (ebenfalls auf dem Markt) speziellen Kamera-Systeme (z.B. Coaching Eye) müssen halt analysiert werden, um Erkenntnisse zu bekommen. Über das Team, über die Spieler.
Egal ob im Training, oder im Livespiel. Erkenntnisse bedeuten näher am Erfolg zu sein, wie immer dieser fixiert ist. Erreichen der Europaleague, CL oder für Bayern München das Erreichen des 11.Meistertitels und CL-Finales.
WAS muss eigentlich analysiert werden ?
Kommen wir nun zum eigentlichen Hauptkern des Artikels. Was muss auf dem Feld eigentlich analysiert werden ?
Zunächst muss man sich Fragen stellen, an was ich als Trainer überhaupt interessiert bin. Der Fragenkatalog kann sehr lang oder kurz sein. Viele Zahlen ähneln sich den vorherigen Spielen. Allerdings gibt es „Ausreißer“, es gibt „Trends“, die beobachtet werden, oder im Livespiel „Szenen“, die ein Trainer in Videos schon mal sah und sich offenbar wiederholen, was ihn zu einer Analyse automatisch bringen sollte. Er allein oder im Trainerstaff angestellte „Spielanalytiker“, die die Szenen zusammenstellen. Trainer und Co-Trainer sitzen dann zusammen und besprechen diese Zusammenstellung.
Folgende Beobachtungen könnten es sein:
– Stellungsspiel in DEF oder OFF im individuellen oder gruppentaktischen Bereich
– Passspiel bei der Spieleröffnung
– Sind taktische Vorgaben eingehalten worden über 90 Minuten ?
– Warum fielen die Gegentore, als auch, warum eigene Tore nicht oder seltener fielen ?
– War die Laufbereitschaft da, war die mentale Kraft zu sehen in den 90 Minuten ?
– Wurden Ecken und Standards entsprechend ausgeführt oder verteidigt ?
– Raum und Positionsspiel
– Handlungsfähigkeit einzelner Spieler
– Zu wenig finale Pässe oder wenig hohe Qualität
– Zu viele Abseitsstellung und Frage des Timing bei Passbeginn und Laufbeginn
– Kompakt oder zu offen in der Verteidigung (im Mittelfeld, vor dem Strafraum)
– Wurde genug antizpiert ?
Der Fragenkatalog kann beliebig erweitert werden, was allerdings auch den Zeitrahmen erweitert sowie die Anzahl der Trainingsinhalte und Gespräche ggf mit Spielern. Denken sie an die Kompetenzen, die ein Trainer in dieser Kette an Schritten heutzutage benötigt .
Die Zahlen, die den Trainer unterstützen „können“ (nicht müssen), sind ein Hilfsmittel, um beide Seiten der Medallie zusammenzufügen in ein Gebilde, was der Trainer dann auch „erklären“ kann. Sich und den Spielern.
Die Torschussanzahl, die der Fan oft „argumentiert“, ist im Detail plötzlich eine ganz andere Zahl. Wenn die Zahl 19 ist, aber am Ende innerhalb des 11-Meter-Radius nur 2x ein Torschuss ausgeführt werden konnte, davon keiner auf das Tor ging, der 2:0-Sieg nur durch Ecke und Elfer gesichert werden konnte, diese Zahlen in den letzten 3-4 Spielen stärker wurden, dann gibt es Analysebedarf. Ob ein Spieler vermehrt Probleme beim Passen und Ballannahme hat (Nervosität ? Warum ? Psychologisch oder physisch zu erklären ?)
Der Fragenkatalog kann tief gehen. Möglicherweise gelangen weitere Details ins Dunkele, aufgrund der wenigen Zeit, die gerade Topklubs haben, weil sie alle 3-4 Tage kicken müssen. Ein Klub, der stark aufgestellt ist in entsprechenden Personal, Technik für Analyse sowie Trainingshilfsmittel (Kamerasysteme, Footbonaut), ist häufiger im Vorteil gegenüber dem besten Mittelmaßklub. Allerdings kostet es auch wie immer Geld. Diese Medallie hat auch wieder zwei Seiten. Leider.