Die Überschrift ist merkwürdig, nicht ? Sie gibt etwas preis, was aber eine Frage nach sich zieht, um den Prozess der z.B. 7 W-Fragen oder eine grundsätzliche Recherche in Gang zu setzen.
Zeitaufwändig im heutigen Journalismus, gerade im Sport, gerade im Fußball. Noch 2006, wo das Internet etwa 10 Jahre sich verbreitete, war es um Transferspekulationen eher noch still. Zwar gab es die alten Fassungen von tranfermarkt.de, dessen Community 2008 vom Axel Springer SE zu 51% übernommen wurde. Matthias Seidel (Gründer) ist Geschäftsführer zu 49%. Allerdings eine ehemals neutrale Community in Händen einer der mächtigsten Verlage der Welt ? Naja…“offenbar“ ein Grund zur Sorge ?
Definition „offenbar“ (Adverb)
dem Anschein nach; wie man annehmen muss, wie es scheint (Duden). Das schwache Verb dazu ist „offenbaren“. etwas, was bisher verborgen war, nicht bekannt war, offen zeigen, enthüllen
Annahme und Enthüllung. Zwei wichtige Bausteine, gerade bei Sportbild, SKY, sport1 und all die Digitalen Medien, die es kopieren. Investigativer Sportjournalismus gibt es nur im Untergrund, selbst der hat es dann nicht wirklich mit sportlichen Hintergründen zutun, sondern um z.B. Machtprozessenhüllungen (siehe Football Leaks 1 und 2). Allerdings dauert die Recherche lange. Woche, Monate. Für tägliche Klickzahlen also ungeeignet, es sei denn, das wie bei Football Leaks das Recherchierte selbst monatelang Klickzahlen lieferte und Folgeklickzahlen ergeben kann.
Spekulationen im Fußball
Geben sie doch einmal bei google „Offenbar“ und „Fussball“ ein. Allein in diesem Moment füllen 6 Seiten Artikel mit „offenbar“. Beim Begriff „FC Bayern“ mit „offenbar“ 5. Dabei ist aktuell die saisonale Transferperiode fast beendet. Jeden Tag rattern zig Meldungen über die Liveticker vieler Sportmedien, um zu spekulieren, ob Spieler A zu Verein B wechselt. Es interessiert Mio Fans, die oft stundenlang auf twitter rumgeistern und Fabrizio Romano (sogenannter Transferexperte, der noch nie an einem Transfer beteiligt war) sogar fragen, ob er was weiß über irgendeinen Spieler.
Dieser sogenannte „Offenbarungsjournalismus“ ist im Grunde recht simple: Wissen tut man nichts bis wenig, geschrieben werden aber zwischen 25 und 40 Zeilen (oder manchmal sogar mehrmit einer zusätzlichen Story aus der Vergangenheit).
Inhalt über die Spekulation fast immer nur der Stand der angeblichen Ablösesumme oder Gehalt. Ein Zitat eines Offiziellen, wenn es nicht der Berater selbst ist, um Druck auf Vereine zu machen, quasi gen null.
Kommt irgendein „Jemand“, wir nennen ihn NICHT Informant, da ein Informant WIRKLICH WICHTIGE Informationen hat, sie überprüft werden (2-Quellen-Prinzip) werden.
Wird der Sportjournalist wenn dann informiert wird über den Verein selbst, den Berater selbst, dann ist es oft eine fast handfeste Sache. Alles andere ist unter dem Deckmantel der
„Verschwiegenheitsklausel“, die größtenteils sogar für Partnerinnen von Fußballern gilt. Richtig krass: https://www.sport1.de/news/boulevard/2014/08/artikel_944042
Im Juni 2019: „Die Klubs sind darum bemüht, dass Spieler arbeitsvertraglich bestimmte Rechte abtreten. Dabei geht es beispielsweise um die Vermarktung von Bild- und Namensrechten oder
auch um Zugeständnisse beim Datenschutz. Grundsätzlich gelte „der Schutz der Privatsphäre auch für Fußballprofis„, erklärte Carsten Ramelow einmal dem Sender SPORT1.
Dabei geht es hier nur um persönliche Rechte. Somit ist es klar, das gerade, wenn es um Millionen-Euro-Transfer-verträge und es um deren Interessen an Weiterverhandlungen geht, die Verschwiegenheit vertraglich zwischen ALLEN Beteiligten vereinbart wird. Das gilt also vom Arzt, Anwalt, Spieler, Berater, Scout, Data Analyst, Co-Trainer, Trainer, Vereinsfunktionäre und sämtliche Mitarbeiter eines Vereins und die des Beraters oder Spieler (z.B. Chaufeure, sie müssen generell eine Verschwiegenheitsklausel unterschreiben).
Aus Football Leaks kennen wir z.B. viele Fälle von Transfers, die viele spezielle Hintergrundsprozesse in sich trugen. Solche Prozesse sind streng vertraulich. Verstöße gegen eine Verschwiegenheitsklausel führen nicht selten zur Entlassung. Das geht möglicherweise bis hin zum Präsidium.
Beim FC Schalke 04 heißt es zum Beispiel im offiziellen Verhaltenskodex:
III. INFORMATIONEN
1. Verschwiegenheitspflicht
Über vertrauliche Informationen ist Verschwiegenheit zu wahren.
Verschwiegenheit muss ebenfalls in Bezug auf vertrauliche
Informationen unserer Mitglieder und Geschäftspartner gewahrt
werden, es sei denn, die Offenlegung dieser Informationen wurde
ausdrücklich gestattet. Die Verschwiegenheitspflicht gilt auch nach
Beendigung des Arbeitsverhältnisses oder der Geschäftsbeziehung fort.
Zufälle können ein „Interesse“ den Journalisten zuspielen, wie der Bericht eines Umzugsunternehmers zeigt:
https://www.welt.de/print/welt_kompakt/vermischtes/article198888621/Der-Mann-fuer-den-Transfer.html
Es können gar Fans sein, die glauben, etwas richtig zu verstehen, und verkaufen es an den Clickbait-Journalismus mit den fetten Schlagzeilen, in dem der Begriff „offenbar“ quasi ein Werkzeug zur juristischen Absicherung ist.
Der ehemalige RTL-Chef Peter Kloeppel schrieb zu „offenbar“ einen interessanten Aufsatz: https://uebermedien.de/9251/peter-kloeppel-hasswort-offenbar/
„Wir dürfen uns nicht hinter dem Wort offenbar verstecken. Entweder wir wissen etwas – dann sollten wir es sagen. Oder wir wissen es nicht, dann sollten wir so ehrlich sein, das auch zuzugeben.“
(28.10.2016, Peter Kloeppel)
Fazit:
Ein Interesse eines Klubs an einem Spieler ist täglich gang und gebe. Jeden Tag scouten Analysten und Scouts aus ihren Büros oder in Stadien Spieler. Das der FC Bayern Interesse an Harry Kane hatte, da es kaum 9er in dieser Highend-Klasse gibt, war so sicher wie das Armen in der Kirche. Eine Sensation wäre es gewesen, wenn sie KEIN Interesse gezeigt hätten. Klubs haben viele Spieler, die sich durchgecheckt haben auf sportliche, psychologische und weiteren Optionen, über deren Verein/Berater ein Angebot gemacht wurde oder mindestens eine Anfrage gestellt. DAS MUSS SEIN, denn sonst gäb es keinen sinnvollen Transfermarkt, wo Spieler und Vereine sich je nach Bedarf regulieren und entwickeln könnten. Jede stündliche Spekulation (notwendig für u.a.Werbekunden), gerade wenn sie mit dem Begriff „offenbar“ oder „wohl“ oder „möglicherweise“ ein, eine falsche Vermutung, das es nicht „sein“ kann. Es muss sein.
Ob es wahr ist, das entscheidet der Verein, wenn er offiziell ein Foto präsentiert mit dem neuen Spieler und der Vertragsunterzeichnung sowie der Ab-und Anmeldung bei der UEFA.