Fans diskutieren gerade im Social-Media-Zeitalter nahezu auf jeder verfügbaren Plattform über das Match nach dem Spiel. Unzählige Meinungen, ein regelrechte Vereins-Pluralität. Meinungen bedeuten Meinungsfreiheit und ist eine schöne demokratische Sache. Aber wird eigentlich wirklich das Spiel diskutiert oder nur wenige Fragmente der 90 Minuten ? In einem LIVE-Spiel beim Fussball die vollen 90 Minuten – jede Aktion – exakt verfolgen ?
In der Praxis nahezu fast unmöglich. 5400 Sekunden mal 24 Einzelbilder ergibt 129600 neue Bilder, die wir verfolgen müssten. Ein Kinofilm ist z.B. einfacher, da dort Szenen nicht im Sekunden-Modus betrachtet werden müssen und wir doch öfters mal wegschauen im Unterbewusstsein. Bei einem Fußballspiel ist ähnlich und sogar kraftraubender, da die Bewegtbilder sich ständig ändern. Ebenso auch die Situationen und die Aktionen, die sie ergeben. Massig Szenen-Sequenzen, vom Einwurf bis zum Angriff, vom Zweikampf bis zu einem Spielzug von 3-4 Pässen binnen 1,5 Sekunden. Eine Analyse während eines LIVE-Spiel ist unter diesen Umständen also nur phasenweise möglich, wobei man es nicht anhalten kann. Denn nur ein paar Sekunden über eine Szene nachdenken folgen bereits 2-3 weitere Szenen, die man aber dann nicht mehr so wahrnimmt, weil das Gehirn gerade mit einer bestimmten Szene beschäftigt ist.
Gleiches gilt auch für Spieleranalysen. Fans debattieren nach einem Spiel auf twitter & Co über die Leistungen aller Spieler. Jeder kann jeden Spieler komplett bewerten. Nein, es geht natürlich nicht. Es gibt „Ausschnitte“ der 90 Minuten wie „hat einen schlechten Pass in Halbzeit 1 gespielt“ oder „die TOP-Chance am Anfang des Spiels muss er machen“. Allerdings war die TOP-Chance Mitte der 1.HZ und nicht am Anfang. Dies nennt man auch „Selektive Wahrnehmung“.
Selektive Wahrnehmung bedeutet, nur einen Teil dessen zu erfassen, was einer Person in einem bestimmten Aktionsraum umgibt. Also „Szenen“. Das kann ein persönliches Gespräch sein, oder mit mehren Personen, wo permanent der „Szenenraum“ gewechselt werden muss und der andere „Szenenraum“ gespeichert werden muss, um ggf. ein Zitat für einen anderen Gesprächsteilnehmer zu nutzen. Oder eben der Blick der Person zum TV.
Ein Raum, wo virtuell massig Szenenräume angeboten werden. Diese zu speichern ist einfach unmöglich für unser obwohl komplexes Gehirn. Daher sind Schnellschachspieler, die eine sogenannte „Blitzpartie“ binnen 5 Minuten spielen müssen, wahre Meister der Szenenverarbeitung.
Zurück zum LIVE-Spiel. Neben dem „Nippen“ am Bierglas oder dem unbewussten Quatschen oder einer anderen kurzen Ablenkung (kurzer Blick aufs Handy) können schon zig Szenen außen vor sein. Ein wichtiger Stellungsfehler oder Fehlpass nicht mitbekommen, schon kann man später nicht mehr „mitquatschen“, weil die doofe Sportschau es nicht zeigt. Pech gehabt.
Es bleiben also nur die „Szenen“, die man abgespeichert hat. Aber selbst DIE können sich verabschieden, denn unser Kopf hat keine eingebaute Festplatte und ist daher flüchtig wie der Arbeitsspeicher in einem PC, wenn nicht gespeichert wurde. Gleiches Muster. Aus den letzten „Szenen“, die übrig sind, wird dann ein entsprechend geformtes (natürlich pro für seinen Klub) ein verfälschtest Meinungsbild geschustert. Ein Spieler, den man nicht mag, der wird ggf. dann zur Sau gemacht. „Kann nix, bringt nix, soll gehen“. Oder „Trainer raus.“ Da sind sich dann alle irgendwie oft schnell einig.
Am Ende stehen dann viele Statistiken zur Verfügung, die dann aber eben auch nur sehr „oberflächlich“ betrachtet werden. Denn zu jedem Spieler (10+Wechsel) gibt es zwischen 30 (normal) und 70 Werte (sehr detailliert). Um diese hunderte Werte auszuloten, braucht man doch ordentlich Zeit, denn man muss sie auch noch zusammenfügen und behalten.
Da trinkt man doch lieber sein nächstes Sieges-Bier.