Es wird ein entscheidender Termin, der 21.Dezember 2023, 9:30 am Europäischen Gerichtshof (EuGh) in Luxemburg. Das Urteil wird gefällt um die Frage der Monopolstellung seitens der UEFA.
Für den gesamten europäischen Fussball. Was war passiert ?
Das Jahr 2021 war entscheidend für den europäischen Fußball, da die COVID-19-Pandemie zu finanziellen Problemen führte, die die Idee der Top-Klubs, die eine europäische Super League (ESL) schaffen, zurückbrachte.
Es war also zunächst die Idee eines „halboffenen“ Wettbewerbs, der spannender, ausgeglichener und finanziell besser strukturiert sein sollte als die UEFA-Champions League.
Die Idee einer „Super League“ ist nicht neu. Bereits 1968 gab es dazu eine erste Erwähnung in Arthur Hopcrafts Buch ‘„The Football Man“. Danach wurde der Gedanke die Jahre darauf
im wissenschaftlichen Bereich kontrovers debattiert, in den 90er Jahren wurden einige Artikel dazu veröffentlicht. Bei Hopcraft war das Gegenargument, es wäre zu kostspielig, die Reisezeiten,
ja selbst die unterschiedlichen Längen der Jahreszeiten. Allerdings sind heutzutage die Reisen einfacher und Rasenheizungen sind Standard.
Bereits in den 80ern, als der AC Mailand nicht international spielte, drohte Silvio Berlusconi (+ 12/6/23) zum ersten Mal öffentlich mit der Gründung einer „Super League“. Vorbereiter war
Alex Fynn. Er arbeitete fast zwanzig Jahre lang für die führende Werbeagentur Saatchi&Saatchi. Nach Vorschlag und einigen Gesprächen mit Berlusconi war die ESL zum ersten Mal deutlicher in Sichtweite als je zuvor.
Allerdings war der Vorschlag ein entscheidender Schritt zur Gründung der heute noch aktuellen UEFA Champions League, die 1992 startete.
Anschließend schrieb Fynn den kommerziellen Teil für den Entwurf des Fußballverbands für die Zukunft des Fußballs, der dann direkt zur Gründung der heutigen „Premier League“ führte – die Sunday Times nannte ihn „ den spirituellen Paten der Premier League“. Fynn bekam 2022 die „Ehrendoktorwürde des Doktors im Sport“ zugeehrt. Der Grund damals war die ungerechte Verteilung der TV-Gelder.
1998 wurde es zum ersten Mal „heiß“ um eine „ESL“. Media Partners International, die involviert waren an der Gründung der „Premiere League“, planten und führten Gespräche durch mit Manchester United und Arsenal London. Weitere Klubs wurden über diesen Plan informiert. Dies die gleichen Teams wie später am 19.04.2021. Das Unternehmen scheiterte an der Regulierungsbehörde, die UEFA passte den Wettbewerb „Champions League“ entsprechend an, mehr Klubs konnten an deren Wettbewerb teilnehmen. Die damalige G14 (Lobby von Topklubs) waren allerdings nicht wirklich zufrieden, die Diskussion ging nämlich weiter, allerdings nicht in der Öffentlichkeit. 2003 forderten die G14 ab 2006 den Start der ESL, der damalige Fernsehvertrag der UEFA-CL endete dort. 2006 drohte die UEFA den G14-Klubs zum ersten Mal direkt den Ausschluss aus dem nationalen Fussball. 1998 lief das Projekt unter dem berühmtberüchtigten Namen „Operation Gandalf“.
Die Idee damals wie heute ähnlich: Mannschaften aus den stärksten Fußballnationen wie Italien, England, Spanien und Deutschland würden in der ersten Liga der neuen Liga spielen, während Mannschaften aus schwächeren Nationen in einer zweiten Liga spielen würden. Zwischen den beiden Divisionen gäbe es Auf- und Absteiger, und die Qualifikation würde auf dem Ranglistensystem der UEFA basieren. Der damalige Geschäftsführer des FC Everton war recht deutlich: „gefährlicher Gruppe“ die „das Spiel polarisieren“ versuche. Es ist eine sehr gefährliche Gruppe, die von Gier und Eigennützen motiviert ist, und es ist sehr schädlich für den Fußball. Es ist eine selbsternannte Gruppe, die wirklich nicht die Stimmen der Clubs abdeckt. Es gibt eine Art geheimen Handschlag, um hineinzukommen, und es gibt überhaupt keine Mitgliedschaftsregeln. Es ist ziemlich gefährlich, wie es versucht, das Spiel noch weiter zu polarisieren.“
Hans Joachim Watzke, BVB-Präsident, sagte 2018 mysteriös: „…das ist klar, und ich glaube auch, dass ein paar der großen Klubs Europas da deutlich dran stricken.“
Noch interessanter die Ansage von Bayerns Karlheinz Rummenigge – denn der FC Bayern teilte 2018 dem Magazin „Spiegel“ mit, „weder die Existenz noch der Inhalt“ des Entwurfes der Absichtserklärung seien dem Klub bekannt. Allerdings betonte er im Interview des Magazins „11 Freunde“, dass er in ferner Zukunft mit der Einführung einer europäischen Superliga rechne: „Ich vermute, dass diese Liga eines Tages kommen wird. Aber fragen Sie mich nicht, wann.“
Der FC Bayern in Person seines Chefjustiziars Michael Gerlinger hatte demnach von einer Anwaltskanzlei prüfen lassen, ob die Münchner nicht nur aus den europäischen Wettbewerben, sondern auch aus der Bundesliga aussteigen könnten. Durch die folgende Reform der Champions League, die den vier stärksten Ligen jeweils vier Startplätze für die Gruppenphase sichert, war eine Superliga zum damaligen Zeitpunkt kein Thema mehr. Gerlinger sagte dem „Spiegel“, dass Gedankenspiele zum Ausstieg aus der Bundesliga schnell „völlig vom Tisch“ gewesen seien. BVB-Chef Watzke versprach: „So lange ich hier die Verantwortung trage, wird der BVB die Bundesliga nicht verlassen.“ 2016 war auch der FC Schalke 04 als möglicher Teilnehmer an der Superliga genannt worden. Die damals diskutierte Liga sollte mit Spielen dienstags, mittwochs und samstags über 34 Wochen laufen. Gerlinger selbst war einer der Initiatoren der heutigen „ECA„. Das war 2008. Am 22.4.21 verkündete der FC Bayern, das Gerlinger Vize-Präsident der ECA wird. Also ein paar Tage nach der letzten Revolte der Topklubs, wo der FC Bayern NICHT mit aufgeführt wurde und auch nicht auf der Website „https://thesuperleague.de/„, die seit dem 6.Feburar 2008 auf einem Amazon-Server gehostet ist. Die ECA wurde am 21.Januar 2008 gegründet. Die Bestellung der Domain dürfte also etwa 14 Tage später in Auftrag gegeben worden sein.
Den nächsten Versuch startete ungewöhnlicherweise die chinesische Baufirma „Dalian Wanda Group“. Der damalige „Strategische Direktor“ der Wanda Sports Holding Bogarelli:„Es muss eine Zukunft geben, die mehr Freiheit hat, basierend auf den Bedürfnissen der Vereine und der Ligen, in denen sie eine Wahl treffen können.“ Interessant: Ein leitender Angestellter in einer der 5 TOP-Ligen sagte: „Das ist sehr gut geplant. Der Vorschlag ist realistisch.“ Wanda selbst betonte, dass sein vorgeschlagener Wettbewerb für die Sender attraktiver wäre und mehr hochkarätige Zusammenstöße schaffen würde, die das Publikum in Europas größten Märkten anziehen würden, wobei die Einnahmen voraussichtlich um 30-35 Prozent steigen werden. Die 5 TOP-Klubs lehnten jeglichen Kommentar ab, was nicht heißt, das sie ihn nicht interessant gefunden hätten, wie La Liga.
Auf der JHV Real Madrids 2020 deutete Präsident Florentino Perez indirekt an: Real mit Pérez an der Spitze galt bis dato neben Klubs aus England als eine treibende Kraft hinter dem Plan, eine European Super League zu erschaffen und damit in eine private Community fernab von Verbänden einzutreten, um noch mehr Geld zu erwirtschaften. Fernab also die Idee der Unabhängigkeit und Fähigkeit, eigene Turniere durchführen zu können.
Sein Wortlaut: „Nichts wird mehr so sein wie zuvor. Die Pandemie sollte uns wettbewerbsfähiger machen. Wir müssen innovativ sein und nach Formeln suchen, damit der Fußball attraktiv bleibt. Real Madrid war bei der Gründung der FIFA dabei, bei der Gründung des Europapokals… Das Modell von heute braucht einen neuen Impuls und Real Madrid wird sich daran beteiligen. Die Reform des Fußballs darf nicht auf sich warten lassen. Es muss eine Veränderung her.“
Einer ist der mögliche Auswirkungen eines ESL auf das körperliche und geistige Wohlbefinden der Spieler. Dies könnte zum Beispiel eine Steigerung der Anzahl der gespielten Minuten pro Saison sein, Spiele
mit höherer Intensität, mehr Zeitfahren oder einer geringeren emotionalen Beteiligung an der Spiel und Fans. Das Merchandising würde möglicherweise um einige Prozent steigen. Die Werbemöglichkeiten/Einnahmen aufgrund einer Eigenvermarktung enorm sich verselbstständigen. Möglicherweise können Nicht-Topklubs finanziell besser davon profitieren, da sie, wie A22 Sports es heutzutage plant, aufgrund von mehreren Divisionen mit Auf/Abstieg-Plan, im GLEICHEN SYSTEM sind und Spieler ausbilden sollen, von denen Topklubs je nach Talentstärke selbst den Erfolg beabsichtigen. Ein Talent-Bonussystem wäre denkbar.
Am 18.April 2021 dann der letzte große Versuch, der eher als „Drohung“ anzusehen sein sollte. JPMorgan war bereits mit im Boot und versprach satte 4-5 Millarden Dollar als Darlehen. Die Unterzeichnung mit der Kapitalgesellschaft Tivalino Investment SL und deren Tochter CVC (Britischer Risikokapitalfonds) fand am 17.4.2021 in Barcelona. Bereits seit November 2020 bestand der Kontakt.
https://int.nyt.com/data/documenttools/super-league-announcement/38d168657704d449/full.pdf
Andrea Agnelli, der damals noch ECA-Präsident war, und Befürworter des ELS-Deals. Dieser trat genau am 19.4.21 aus der ECA zurück, wo Rummenigge Nachfolger dann wurde. UEFA-Präsindet Ceferin damals: „Er ist die größte Enttäuschungen von allen. Ich habe noch nie eine Person getroffen, die so viel gelogen hat„. Nasser Ghanim Al-Khelaifi, Owner of PSG, übernahm aber den Posten. Er ist offiziell strikt gegen die
European Super League, was er auch auf einem Treffen November 2022 mit dem neuen Initator „A22 Sports“ klarstellte: „Wie wir gestern bei unserem Treffen mit A22, vielleicht wird es auch A23 oder A24, gesehen haben, versuchen einige Leute leider immer wieder, die Geschichte neu zu schreiben und den Fußball mit PR-Präsentationen und Power-Points zu spalten. Um ehrlich zu sein, ich bin traurig für sie, denn sie haben gezeigt, dass sie den Fußball und sein Ökosystem nicht verstehen.“
Andrea Agnelli: „Die 12 Gründungsclubs haben eine Fangemeinde von mehr als einer Milliarde Menschen weltweit und eine Liste von 99 Trophäen auf kontinentaler Ebene.“
Links:
https://www.vozpopuli.com/economia_y_finanzas/superliga-florentino-jp-morgan.html
https://www.vozpopuli.com/economia_y_finanzas/cvc-super-liga-europea_0_1411959967.html
https://www.vozpopuli.com/economia_y_finanzas/real-madrid-barca-atletico-liga-europea_0_1402360728.html
Dennoch: Weitere Initiatoren der European Super League treten unter der Oberfläche an. B2P Communications (die sich 2022 Barabino & Partners anschließen) wird als Medienkontakt ins Spiel gebracht. Sie stehen für „internationale Kommunikationslösungen“. Also für die Kommunikation alle Ligen (?). Angesichts der offenbar fehlenden Kommunikation vor der Ankündigung April 2021 lief es dann schief. Möglicherweise war es eine ungeplante „Jetzt tun wir es“-Aktion ohne Rücksicht auf Folgen. Die Folgen waren Auffuhr der Klubs und deren Fans. Ein Diskurs konnte somit gar nicht mehr folgen. Merkwürdig: Es wurden offenbar Verträge unterzeichnet und plötzlich gab es formlose Rücktritte. Alles innerhalb von nur 48 Stunden, was doch eine Merkwürdigkeit offenbart. Es zeigte aber auch, das die 12 Klubs, die weiterhin auf der offiziellen Website zu sehen sind, offenbar immer noch am gleichen Ziel stricken. Am 20.11.21 schreiben die „Organisatoren“ des ESL an die EU-Verantwortlichen u.a das EU-Parlament. Spätere Gespräche mit A22 Sports sollten folgen, offenbar nicht nur mit den Topklubs.
A22 Sports, ein europäisches Sportentwicklungsunternehmen, schreiben auf ihrer Website, dass sie mit einer „Reihe„ von führenden Fussballklubs zusammenarbeiten, um neue Konzepte und Ideen für europäische Vereinswettbewerbe zu entwickeln. Dabei entwickelten sie die oft auch auf X (Twitter) zitierten „10 Prinzipien“ für eine ESL. Interessant: Sie befinden sich im „Lobbyregister des deutschen Bundestags“
https://www.lobbyregister.bundestag.de/suche/R005886/18452
10 Prinzipien von A22 vom 9.Februar 2023:
https://a22sports.com/en/10principles/
Bernd Reichart: „Unsere Gespräche haben auch deutlich gemacht, dass es den Vereinen oft unmöglich ist, sich öffentlich gegen ein System auszusprechen, das die Drohung mit Sanktionen nutzt, um die Opposition zu vereiteln. Unser Dialog war offen, ehrlich, konstruktiv und führte zu klaren Vorstellungen darüber, welche Änderungen notwendig sind und wie sie umgesetzt werden könnten. Es gibt viel zu tun, und wir werden unseren Dialog fortsetzen.“
Wichtig ist, zu wissen, das der Plan weiterhin ist, das ESL-Klubs weiterhin an nationalen Wettbewerben teilnehmen wollen, wo aber die UEFA mit Ausschluss droht. Fakt ist, das kein Klub die Aussagen dementiert und somit klar ist, das es eine klare Agenda offenbar gibt, die wohl unweigerlich zum Start einer European Super League führen könnte. Öffentliche Kritik gibt es zu lesen nur von Verbandsfunktionären, nicht direkt aus den Klubs.
Ein Spieler äußerte sich ziemlich pro für die ESL, nämlich Toni Kroos:
„Es ist und bleibt meine Meinung: Ich glaube, dass wir diese Super League sehen werden – von der damaligen Idee her verändert. Die Grundidee der Super League ist – ohne das jetzt groß zu verteidigen, es ist einfach meine Meinung – nicht, irgendwelche Mannschaften auszuschließen, nicht, dass irgendwelche Mannschaften fix drin sind, nur weil sie Gründungsmitglieder sind. Es muss ein sportlicher Wettbewerb sein, offen, aber von den Vereinen geregelt und nicht von der UEFA. Ich bin sehr gespannt und mir ziemlich sicher, dass ganz viele Vereine, die sich umgedreht haben, auch deutlich offener werden. Ich bin mir sicher, dass es große Vorteile hat.“
A22 bringt immer wieder das EU-Wettbewerbsrecht ins Spiel.
„Die Wettbewerbsvorschriften der EU sind so konzipiert, dass sie faire und gleiche Bedingungen für die Unternehmen gewährleisten und gleichzeitig ausreichend Raum für Innovation, einheitliche Normen und die Entwicklung kleiner Unternehmen lassen.“
https://european-union.europa.eu/priorities-and-actions/actions-topic/competition_de
Geklagt werden folgende Gegenstände: Wettbewerb, Niederlassungsfreiheit, Freier Kapitalverkehr, Freizügigkeit der Arbeitnehmer, Freier Dienstleistungsverkehr
Hier kommt nun auch der EuGH ins Spiel einer fast schon traditionellen Auseinandersetzung. Informationen seitens A22 zum Antrag.
https://a22sports.com/wp-content/uploads/2022/12/221215_Press-Release_Statement-A22-zu-Schlussantragen-von-EuGH-Generalanwalt.pdf
Ein großes Hindernis, was eben noch zu überspringen wäre, ist der aufgrund der „Drohung der UEFA“ und im Sinne des EU-Wettbewerbsrecht, nämlich ein endgültiges Urteil des EuGH, das entweder noch 2023 oder nächstes Jahr gefällt wird. Auf jedenfall, so scheint es, läuft ein geheimer Prozessplan bei den Klubs ab. A22 Sports twittert regelmäßig Updates: https://twitter.com/A22Sports
„Die UEFA organisiert die Wettbewerbe und kann gleichzeitig andere Wettbewerbe ablehnen – das ist ein Interessenkonflikt„. (Bernd Reichart)
Am Ende dieses Artikels noch ein Hinweis auf einen bekannten Präsidenzfall in der Rechtsprechung der EU-Kommission.
Im Jahr 2015 leitete die Europäische Kommission ein Kartellverfahren ein, nachdem zwei niederländische Profi-Eisschnellläufer eine Beschwerde eingereicht hatten, die von der Internationalen Eislauf-Union (ISU) mit Sanktionen belegt worden waren, weil sie an einem vom Dachverband nicht genehmigten Wettbewerb teilgenommen hatten. In einem 2017 veröffentlichten Beschluss entschied die Kommission, dass diese Strafen gegen das EU-Kartellrecht verstoßen, und forderte die ISU auf, ihre Regeln zu ändern. „Die strengen Strafen, die die Internationale Eislauf-Union gegen Läufer:innen verhängt, dienen auch dazu, ihre eigenen kommerziellen Interessen zu schützen und andere daran zu hindern, ihre eigenen Veranstaltungen zu organisieren“, erklärte Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager damals.
Bachelorarbeit über das Thema „European Super League“
https://epub.jku.at/obvulihs/download/pdf/8268837?originalFilename=true
Lange wird es nicht mehr dauern, denn am 24.Oktober 2023 wurde der offizielle Entscheidungstermin genannt, der Akte „C333/21“ beim EuGh. Am 21.Dezember 2023 um 9:30 Uhr wird das Urteil verkündet