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Hat Tuchel ein Problem mit der 6er-Position, oder ist es nur eine taktische Frage, die er beantworten kann, aber nicht muss. Gestellt werden muss diese taktische Frage eigentlich nicht. Denn zentrale gegnerische Angriffe gibt es eigentlich kaum, es sei denn, man hat einen unvorhersehbaren Ballverlust nach einer Ecke oder einem offensiven Pass der Innenverteidiger, die in der gegnerischen Hälfte postiert sind bei hohem Angriffsspiel, bei dem der Gegner in einem 5-4-1 steht und darauf wartet, bei einem Fehlpass der o.g. in ein offensives 4-3-3 zu formen. Nicht anders spielt es der FC Bayern selbst, nur spiegelverkehrt bei hohem MIttelfeldpressing kurz nach des Gegners Spieleröffnung.
Daher ist es auch selten, das 6er wie Kimmich, Goretzka, Laimer, Guererro in Duelle überhaupt verwickelt sind. Die offensiven Mittelfeldspieler wie Musiala (selten unter 10 Zweikämpfen) oder Sane, Coman als auch Davies besorgen bereits vorher die defensiven Aufgaben. Weil es so die Anweisung ist und es den Herren offensichtlich Spaß macht.
Paolo Maldini sagte einmal:“Wenn ich in Zweikämpfe musste, dann stimmte zuvor etwas nicht.“ Bedeutet: Je weniger Kimmich als Kim oder Upamecano (alle führen wenig Zweikämpfe), desto besser, da vorher schon der Ballgewinn oder Klärung stattfand. Reine Logik, was man auch oft in der Videoanalyse staunend beobachten kann.
Doppel-6-Theater
Ein 4-2-3-1 kann statisch defensiv oder offensiv betrachten. Offensiv bei Bayern existiert es nicht, da es in Sekunden zu einem 2-3-5-0 wird (9er abwechselnd unter Tuchel, nicht nur Kane, der oft sich tief fallen läßt und die meisten finalen Pässe aus dem Mittelfeld bringt), Eine Doppel-6 gibt es nur bei einer Spieleröffnung gegen einen etwas stärkeren und höher stehenden Gegner, der Mumm hat und einen guten Tag im Umschaltspiel und deren beiihaltete Passquote hat. Frankfurt war da eine bisherige Saisonausnahme, alle anderen Teams, sogar Leverkusen und Leipzig überragten nun nicht mit Highendniveau. Stuttgart hatte ein ganz anderes Problem. Hohen Ballbesitz gegen einen defensiven FC Bayern. Andere Geschichte. Also die Doppel-6 und wer mit wem ist eine taktische situationbedingte Frage, die man quasi kaum stellen muss. Die Fans und Medien stellen sie aber, um was eigentlich zu beantworten ?
Wer mit wem ?
Der Klassiker Kimmich/Goretzka funktioniert seit Jahren. Kimmich als Ballverteiler, Progessiver Passgeber (einer der Top in Europa). Goretzka der kühlwirkende Box-to-Box-Läufer, der hier und da mal reingrätscht und plötzlich, zwar selten, aber dennoch dann gefährlich, in der Box auftaucht (davor Raumschaffung durch gutes Positionsspiel zwischen den gegnerischen Spielern im Deckungsschatten in den Raum, wobei Kimmich selbst zuvor Raum hat) und eine Flanke ersucht. Kimmich selbst bedient oft das gesamte Mittelfeld mit Laimer oder Mazraoui (die nur zu einer bestimmten Zeit und Gegner offensiv bis an/in die Box verschieben). Davies verschiebt bereits bei der Spieleröffnung weit ins äußere Mittelfeld, selten daher erste Anspielstation. Es gab eine Zeit, wo er es war, aber dann sofort versuchte, mit Gnabry/Coman wechselzuwirken und mit 2-3 Pässen an die Box zu gelangen. Kimmich/Goretzka sind ein harmonisches Paar, was grundsätzlich wenig wie auch die IVs zutun haben. Ein Blick auf die Statistikwerte Zweikampf, Klärende Aktionen, Saves geben im Grunde bereits die Antwort. Zudem hält Kimmich seine hohe Passquote auch unter Druck, falls der Gegner mehr ins Pressing driftet. Einziges Problem (was mittlerweile nicht mehr so extrem erscheint, Stand: heute) ist sein etwas zu langes „Ballhalten“.
Kimmich/Laimer – oder Guererro und Goretzka ?
Laimer zeigte enorme Pressingrates bei RB Leipzig. Man kann ihn notfalls wirklich als Abräumer nutzen. Aber warum sollte man es tun gegen in der geringen Qualität der offensiven Passstärke und vorherigen Abräumern wie z.B. Musiala ?
Laimer wäre gegen solche Gegner „verschenkt“. Als Mazraoui-Ersatz reicht es völlig aus, wenn auch manchmal die Zweikampf-Quote nicht überwältigend ist. Aber oft ist dort Upamecano, der eine glänzende Saison absolviert. Kim auf links in der Luft als Abräumer monsterhaft, am Boden fast 30% schlechtere Werte Im Schnitt als noch bei Napoli. Ansonsten viele klärende Aktionen. Oft spielen die Gegner lange Pässe kurz vor der äußeren Mittellinie, selten im Mittelfeld, da dort z.B. Spieler wie Musiala und Sané mithelfen. Anscheinend noch nicht aufgefallen.
Guererro ist ähnlich der Position wie Kimmich. Er mag etwas mehr offensiv teilnehmen, was er auch gut macht. Aber als Abräumer muss er noch brutaler werden. Genauso wie Youngster Pavlovic, der zwar ein gutes Zeichen kurz hinterließ, aber WOB und Stuttgart sind nun keine hohen Maßstäbe, an der man wachsen kann. Oftmals verwundert es mich, das die Ansprüche einerseits hoch liegen, aber dann in der schnellen Belobigung des Teams oder einzelener Spieler ziemlich niedrig. Benchmarks sind Klub mit mindestens Leverkusen-Format aktuell. Danach Leipzig. Dann geht es schon in die Top Ten des europäischen Fussballs, gegen den der FC Bayern die letzten Jahre nur wenig aufzubieten hatte. Einzig PSG konnte hier und da mal kurz gebändigt werden. Sevilla, Real, Liverpool, PSG, Mancity und das Defensivmonster Villarreal.
Klubs wie Inter und Barca waren zu damaligen Zeitpunkt nicht auf der Höhe des Topniveaus. Auch das wird oft nicht notiert.
Qual der Wahl beim 6er ?
Ja. Denn mit Guererro hat Tuchel einen weiteren stabilen Mittelfeldspieler (brutaler noch werden muss). Pavlovic kann er formen und physisch noch stärker machen. Mit Eric Dier kann man sogar ein Experiment als „abkippender 6er“ bzw. „zentralen aufrückenden IV“ wagen. Ähnlich wie es mal Carlo Ancelotti 2015 mit Sergio Ramos tat, der gegen Atletico einen Weltklasse-6er gab.