Die derzeitige Situation zu verstehen, bedarf es einer längeren Analyse mit vielen Hypothesen. Viele Erklärungen sind notwendig. Eine Ursache und Beginn muss gefunden werden. Fangen wir an.
Ende 2019 übernahm Hansi Flick den Posten von Niko Kovac, da dieser damals punktetechnisch und optisch dem Vorstand und den Fans nicht gefiel. Zudem gab es ein Problem mit der regelmäßigen Spielzeit von Thomas Müller, damals noch 30. Nach dem gruseligen 1:5 bei Eintracht Frankfurt war Ende. Die Spielweise änderte sich sofort bei Flick. Umgehend kontern, bei Ballgewinn im MIttelfeld, Überzahlspiel ab Mittelfeld bis in die Box. Das 4:0 gegen den BVB wurde extrem gefeiert. Nach dem 4:0 in Düsseldorf folgten aber 2 Niederlagen, gegen Leverkusen/Gladbach.
Hansi Flick damals nach dem 1:2 vs Gladbach:“Wir haben das Fussball spielen vergessen. Wir waren 60 Minuten lang die bessere Mannschaft.“. Nagelsmann hätte es später nicht besser ausdrücken können. Allerdings forderte man nicht gleich den Stuhl von Flick wie aktuell bei Fans schon bei Tuchel (Twitter-Recherche erforderlich).
Flick selbst war nur Datenbankchef und Co unter Löw. Er selbst hatte nie wirklich bis auf Hoffenheim (2000-05, 1,59Pkt/Spiel) einen Posten als Chefcoach. Somit nicht unbedingt ein Kandidat. Daher plante er auch nicht einen ballorientierten intensiven strategischen Kurzpassfussball, sondern ein sehr grobes 4-2-4 wie Ungarn und Brasilien 1954 und 1958 bei der WM auspackten. Wie damals rückten die Außenverteidiger vor, bis auf den 6er und 2 IVs gingen alle nach vorn. Nachteil: Hinten für Konter anfällig (wie Ungarn beim 3:8 gegen Deutschland).
Flick präsnetierte den Fans diesen Fußball idealerweise in einer Zeit, in der die Bundesliga sportlich unglaublich schwach sich darstellte und nach dem Corona-Lockdown ohne Fans nicht den 12.Mann hatten, um gegen den großen FCB forsch Motivation zu bekommen. Bayern rollte mit dem Flick-Fußball ruchzuck durch. Die CL wurde allerdings gewonnen mit unterschiedlichen Spielen…
Chelsea wurde mit dem Flick-Fußball ausgeschaltet, da sie ebenfalls zum gleichen Zeitpunkt unterirdisch waren.
Ebenso das wohl damals schwächste Barca seit gefühlten 50 Jahren (8:2). Alles mit der Devise „Ballgewinn, umschalten, loslaufen, Überzahl, Tor“. Voraussetzung war, das der Gegner handlungsschwach und nicht konzentriert war. Das waren beide Teams auch in ihren Ligen. Barca kassierte 38 Gegentore. Ein fieser Wert für Barca. Nicht akezeptabel.
Olympique Lyon erkannte die Flick-Idee und spielte konzentriert und defensiv, zwar wie auch Barca an sich nicht defensiv-faul, aber wesentlich konzentrierter. Lyon bekam durch Dummheit schnell zwei Gnabry, obwohl sie wie auch nach dem 0:2 mit inBox-Aktionen nicht wesentlich schlechter waren. Im Finale war PSG gar die bessere Mannschaft defensiv und offensiv wie zuvor beide anderen Teams. Aber der Cup ging an die Bayern, die Erkenntnis war aber damals wie später, (Achtung wichtig das zerrende 3:1 vs Freiburg und lang sich ziehende 2:0 vs Wolfsburg vor Winterpause 2019. Ebenso die Niederlagen gegen Leverkusen/Gladbach.), das ein konzentrierter defensiv gut stehender Gegner Probleme sofort macht und das Flick-System instabil wird.
Instabilität und Ideenproblem
Nagelsmann kam 2021, nachdem Flicks erste volle Saison auch NUR die deutsche Meisterschaft brachte. AUS gegen Holstein Kiel in Runde 2 DFB-Pokal und die Revanche von PSG im Viertelfinale der CL. Flick aber wurde dennoch gefeiert. Nicht kritisiert wie Nagelsmann. Man wollte ihn behalten. Flick erbte Löws Amt als Bundestrainer.
Nagelsmann hatte 2 Möglichkeiten: Komplett neuer Fußball oder den Flick-Fußball weiterbetreiben mit dem vorher erklärten Risiko. Nagelsmann entschied sich für den Flick-Fußball. Der Erfolg dieser Variante waren die offensiven sprintertypischen Spieler wie Gnabry, Coman, Sané, Davies und sich nicht aufgebenden Lewandowski und Müller.
Aber es mehrten sich öfters die knapperen Ergebnisse. Weniger hohe Siege, öfters immer mal wieder zerrende Spiele, die aber dennoch klar gewonnen werden konnten.
Parallel dazu schrieb ich Berichte zu all diesen Matches auf facebook und warnte, das diese Variante risikoreich und gefährlich werden könnte, falls die Gegner wieder sich mehr der Konzentration widmen würden und gegen den Ball wieder aktiver werden würden. Man lächelte als Fan es weg und shitstormte hier und dort, wie ich es mir denn als Bayern-Fan erlauben würde, solche Krtiken zu äußern. Man siege ja schließlich.
Nach dem peinlichen 0:1 und 0:0 gegen Villarreal war es auch die Zeit, in der ich das Halbfinale gegen die Fans gewann. Alle waren entsetzt, ich entspannte mich, war nicht verwundert über das Ausscheiden am 12.4.2022.
Die Daten der Spanier defensiv waren unglaublich: 192 (!) Defensive Hauptaktionen in beiden Spielen zerstörten den Flick-Fußball bis ins Innerste. Die Fortsetzung gab es ein paar Monate am später beim Spiel am 27.8.22 zuhause wieder gegen Gladbach. Die Fohlen mit 82 (!) Hauptaktionen in der DEF. Bayern zuvor 5:3 (RBL), 6:1 (SGE), 7:0 (BOC). Plötzlich stand wie auch WOB (2:0) ein sehr defensiv konzentrierter Gegner auf dem Feld. Die Gegner lernten wieder das Handwerk der Defensive und so ging der Flick-Fußball allmählich dem Ende zu. Nagelsmann wusste das mit ziemlicher Sicherheit. Er versuchte, so mein Eindruck bei den späteren Analysen, hier und dort mehr Kurzpassspiel hineinzubringen. Aber es war zu spät. Das einstige zermürbende Guardiola-Spiel gegen eben solche DEF-Monster war nicht mal mehr Müller bekannt. Die meisten Spieler waren aufgrund des Flick-Fußballs gar nicht mehr in der Lage, mal 3 Minuten lang sich den Ball hin und her zu passen. Zudem war durch die absolute Freiheit von Flick. was Positionsspiel anging, auch die van Gaalsche/Giardiola´sche Idee komplett verworfen worden.
Finale und Ende Nagelsmann
Nach 3 Remis zu Beginn 2023 begannen nun auch die Fans wie auch die Medien sich zu fragen, wie das denn nun möglich sei. 3 Remis. Das Randthema damals war Neuers Skiurlaub. Cancelo wurde kurzfristig für Mazraoui geholt und Daley Blind,…das weiß eigentlich keiner so genau. Nagelsmanns Serie wurde schwächer, die Fans forderten auf twitter und Forum auf fcbayern.de den Rauswurf. Moment mal…und dieser Rauswurf kam dann plötzlich für viele überraschend (1:2 gegen Leverkusen, wie auch 2019 Flick). Wo wir auch bei der Vereinsführung wären.
Präsident Hainer optimistisch:
„Ich finde, Julian ist unheimlich weit. Ein Top-Trainer, der auch gegen Paris bewiesen hat, dass er auf höchstem europäischen Niveau taktisch und strategisch hervorragend agiert“
„Wir planen mit ihm langfristig, haben das mit einem Fünfjahresvertrag dokumentiert, weil wir mit ihm etwas aufbauen wollen“
Zu Spielern meinte er:
„Am Ende finde ich es auch wichtig, dass ein Spieler mal sauer ist, wenn er nicht spielt. Das bedeutet, dass er heiß ist.“
Sadio Mané war ziemlich heiß, besonders gegenüber Sané, als Thomas Tuchel nun Coach war. Wie er Coach wurde, ist bekannt. Ziemlich heiß und fettig wurde die Persona non grata Nagelsmann abgefrühstückt und Tuchel installiert. Seine Vita mega. Aber das Problem, was auf ihn zukommen würde, hatte er noch nie bei einem Klub in der Form vorgfunden. Weder Mainz, BVB, noch PSG, nicht einmal bei Chelsea, die nach derLampard-Entlassung zumindest eine Führungsetage noch hatten, was stabiler wirkte als Hainer, Kahn und Salihamidzic.
Führung übersah sportliches Risiko
Erfolge wie CL 2020 oder das Sextuple können blind machen. Man glaubte offenbar, das der FC Bayern die nächsten Jahre diese Art von Fußball auf den Planeten verfestigen würde und in die Geschichtsbücher eintragen könne. Ungarn und Brasilien waren damit bei einer WM erfolgeich, man kann solche Ideen dann weiterentwickeln wie es bei Reals Trainer Llorrente, Carniglia und Monzun taten, oder kein Geringerer als Johan Cruyff mit Barca, der viel offensive Freiheiten erlebte bei Ajax unter Rinus Michels, später Barca damit zum Erfolg führte und seinen damaligen Konkurrenten van Gaal zur Weißglut brachte. Er hatte den Plan des Positionsspiels und weniger Freiheiten, viel Disziplin und Gehorsam. Guardiola fügte die Systeme Cruyff und van Gaal später bei Barca und München zusammen und ließ den erfolgreichsten und sichersten Fußball, offensiv und defensiv, spielen. Manchester City zeigte Tuchels neuem Team, das eine Fussballkarriere immer wieder aus Lernbereitschaft besteht. Die Führung des FC Bayern muss ebenfalls lernen wie auch ihre Mitarbeiter, die Trainer, vor allem die Spieler.
Zukunft FC Bayern komplex
Uli Hoeneß hatte viele Jahre, wo er rot anlief, weil auch er Fehler machte. Er weiß das. Kahn und Salihamidzic sind zwei Personen, die Uli in einer Person noch war. Aber er hatte oft dieses Bauchgefühl, diese besondere Menschenkenntnis. Solche Menschen bekommt der Fußball nicht regelmäßig geschenkt. Kahn und Salihamidzic müssen als Duo sich anpassen und lernen. Bereits Herbst 2021 wurden beide angezählt von Fans und Presse, als auch von all den hohen Tieren der Anteilseigner. Inwieweit sie wirklich in Frage stehen, ist nur reine Spekulation. Sportbild & Co werden versuche, immer wieder Insider zu rekrutieren und sie nötigen, Internas zu verraten. Auch hier sollte der FC Bayern mehr sich selbst hinterfragen, denn wie auch auf dem Platz fehlt beim FC Bayern die Ruhe, um das Mia San Mia aufrechtzuhalten.