Themen:
Antizipation, Wahrnehmung, Aufmerksamkeit, Konzentration, Spielintelligenz, Kreativität, Gehirnaktivität, Handlungsfähigkeit, Handlungsschnelligkeit, Spielformen zu den Themen.
Kognitive Fähigkeiten – Defintion allgemein und medizinisch
Spielertypen im Fussball im Zusammenhang von verschiedenen Charakteren/Persönlichkeitentypen
Es geht darum, zu antizipieren, zu ahnen, was der Gegner macht, im Kopf wach zu sein.
Jürgen Klopp, Cheftrainer FC Liverpool
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Körperliche Eigenschaften sind der eine Teil des Athleten, der Kopf (Kognition), der andere, vielleicht sogar eher noch wichtigere Teil. Beim Schach bzw. Blitzschach müssen die Spieler bereits 4-5 Züge in Sekunden vorausdenken. Im Fussball, bei einer Aktion am Strafraum, wo gleich in der nächsten Sekunde der Ball gespielt oder verloren gehen kann, ist es noch extremer hinsichtlich des Kognitions-Grad beim Anwender. Wann pass ich, wie pass ich, wohin pass ich ?
Gedanklich sehr schnell sein plus Intelligenz heute im Fussball ist ein Meilenstein der letzten 10 Jahre. Barca und die spanische Elf haben es quasi perfektioniert. Eine weitere Entwicklung aber hat es noch nicht gegeben. Nur in der wissenschaftlichen Forschung gelingen schrittweise neue Erkenntisse zwischen der Kognitiven Psychologie und Neurowissenschaften.
Defintion von Kognition
Der Begriff „Kognition“ (vom lateinischen cognitio für „Erkenntnis“) ist ein Sammelbegriff für die Prozesse und Strukturen, die sich auf die Aufnahme, Verarbeitung und Speicherung von Informationen beziehen. Dazu zählen u. a. Wahrnehmung, Aufmerksamkeit. Das Gehirn selbst spielt nur die Rolle der „Hardware“, die ohne diese o.g. Prozesse unwichtig ist.
Für die kognitive Leistungsfähigkeit sind folgende Merkmale wesentlich:
- Wahrnehmung
- Aufmerksamkeit
- Gedächtnisleistung
- Lern- und Problemlösefähigkeit
- Umstellfähigkeit
- exekutive Funktionen
- kognitive Flexibilität
- Verhalten
Prozesse der Kognition
- Erkennen individueller Ereignisse (Situationen im Spiel)
- Kategorisierung/Klassifizierung von Objekten (Tor, Mitspieler, Gegner)
- Bewusste und unbewusste Wahrnehmung
- erfahrungsgesteuerte Veränderung von Wahrnehmung > veränderliche Verarbeitungsstrategie
- Aufmerksamkeit, Erwartungshaltung, Explorieren (schnell) der Reizsituation (Verhaltensweise/Reagieren)
- Mentale Aktivitäten (Psychestabilisierung z.B. Durchatmen im Match
Antizipation
„Den Gegner lesen“. Ein berühmter Satz. Aber die Perfektion ist oft ein Problem des Spielers, egal ob Angreifer oder Verteidiger selbst. Die Antizipation ist grundsätzliche darauffolgende Handlungsnotwenigkeit nach der Wahrnehmung einer neuen Situation.
Unter Antizipation (körperliche/audiovisuell/audio/visuelle Wahrnehmung vorausgesetzt) versteht man selbst die Vorwegnahme oder Erwartung eines zukünftigen Verhaltens und Erlebens.
Im Alltag spielen wir es regelmäßig an einer Ampel ab, die zwischen rot und grün zeigt, wir als Fußgänger antizipieren, das wir bei ROT (Wahrnehmung der Situation>Gedächtnisleistung) stehenbleiben müssen, weil wir sonst überfahren werden. Oder wir weichen einem Menschen aus, der beim Gehen auf sein Handy schaut und uns möglicherweise umrennen würde. Wir antizipieren, das er in 2 Sekunden uns erreicht, diese Zeit bleibt, um ihn aus dem Weg zu gehen. Im Fußball ist es im Grunde ähnlich, nur müssen wir 2-3 Schritte (im Schach sind es die Züge) vorausdenken, wobei wir aber möglicherweise die gleiche oder gar noch weniger Zeit haben als beim vorherigen „Ausweichen“. Da wir im Alltag oft schnell handeln müssen, haben wir zumindest eine Grundlage der Antizipation. Diese läßt sich aber weitertrainieren; durch entsprechende Trainingsformen beim Antizipationstraining im Fussball. Vor allem wichtig ist der Teil „Bewegungsrichtung“ und „antizipationsrelevante Regionen“ (Memmert 2019 S.27), sogenannte „Information-Rich-Areas“. Beherrscht man die Signale dieser Regionen, dann können die Hinweise für nachfolgende wichtige entscheidende Aktionen sein. Das wären Kopf,-Schulter,- Unterarmbewegungen, Brustrichtung, Hüftrichtung, Knieausrichtung, Fußspitzen, Gradwinkel zwischen Verteidiger, Passgeber und evtl. deren Mitspieler.
Das Trainieren dieser Fähigkeiten ist ein hochbrisantes Thema, was Prof.Dr. Daniel Memmert bereits 2016 in diesem Artikel genauer angegangen ist: https://fis-db.dshs-koeln.de/ws/portalfiles/portal/2163309/Memmert_2016_Durch_Kognitionstraining_die_richtige_Entscheidung_treffen.pdf
Weiterer Artikel zum „Training Kreativität“https://www.die-sportpsychologen.de/2015/12/prof-dr-daniel-memmert-kreatives-taktisches-entscheiden-im-fussball/
https://www.die-sportpsychologen.de/2015/12/prof-dr-daniel-memmert-kreatives-taktisches-entscheiden-im-fussball/
Wahrnehumg
Welche Fähigkeiten und Psychologie der Wahrnehumg besitzt ein Mensch im Sport ? Fussball ist der vielleicht komplexteste Sport auf Erden. Mittlerweile sehr schnell, daher auch die Zeit ernorm kürzer geworden hinsichtlich der Wahrnehmung gegenüber historischen langsamen Fußball.
https://www.dfb.de/trainer/artikel/wahrnehmen-entscheiden-umsetzen-der-handlungsschnelle-ist-koenig-des-spiels-2662/?no_cache=1
Desweiteren bietet das interessante „Eye-Tracking“ eine weitere Hilfsestellung. Als Eye-Tracking (auch Okulographie oder Blickverlaufsmessung genannt) wird die systematische Aufzeichnung der Blickbewegungen einer bestimmten Person bezeichnet. Dabei werden verschiedene Bewegungsarten „klassifiziert“:
https://drkaske.de/blog/eyetracking-als-hilfsmittel-der-conversion-optimierung/
https://tracktics.com/eye-tracking-im-fussball/
Aufmerksamkeit
Aufmerksamkeit bestimmt, ob wir Gefahr wittern. Ein evolutionstechnischer Prozess. Uralt. Im Fussball aber im Grunde ähnlich wichtig und anwendbar. Ob es das „Ignorieren“ des pfeifenden hassenden Publikums, die Analyse der Bewegung des Mitspielers/Gegners, Multifunktionale Fähigkeit von Aktion/Antizipation oder Konzentration bei Empfangen des Balles sowie Ballabspiel. Der Subprozess der geteilten Aufmerksamkeit erlaubt es Personen, ihre Aufmerksamkeitsres- sourcen auf mehrere Aufgaben oder Informa- tionsquellen gleichzeitig zu verteilen.
Auch dieser Bereich kann man aufschlüsseln in 4 Prozesse:
– Aufmerksamkeitsorientierung
– Selektive Aufmerksamkeit
– Geteilte Aufmerksamkeit
– Konzentration
Im Sport (schon bei Kindern und Thema ADHS) kann man mittlerweile das sogenannte „Aufmerksamkeitsfenster“ gut testen und entsprechend grafisch mit Werten darstellen. So kann man bei Spielern (gerade bei Youngster) auch hier früh Defizite erkennen und fortentwickeln. Gerade der Bereich „Geteilte Aufmerksamkeit“ (Divided Attention) ist im Fußball fast quasi vorrangig geworden und sollte „regelmäßig“ in Trainingsformen einhergehen und unbewusst trainiert werden.
Die Fähigkeit, die Aufmerksamkeit effizient aufzuteilen, ist hilfreich, wenn derselbe Fußballspieler über das Spielfeld dribbelt, einen auf ihn zukommenden Gegner sieht und den Ball weiterspielen muss.
Spielintelligenz
Ein häufig auftauchender Begriff im Fußball. Oft wird er sehr vereinfacht dargestellt.
Letztlich bedeutet er, das ALLES, was auf dem Feld geschieht in unmittelbarer Nähe (Wahrnehmung), als wichtige Information importiert wird (oft unerwartet) und schnell zu verarbeiten (Taktisches Handeln). Die hohe Anforderung der „Entscheidungsfähigkeit“. Taktik, Stellungsspiel, Positiondefinition sind Bereiche, wo die Spielintelligenz aufgeht. Der Bereich „Intelligentes Passspiel“ ist eine spezielle Domäne von hochbegabten Spielern wie z.B. Lionel Messi, Kevin de Bruyne, Toni Kroos oder Joshua Kimmich. Intelligente Seitenverlagerung oder Spielzüge einleiten und/oder ausführen, die aus One-Touch und Passtechnik besteht, verbunden mit dem Angriffsphilosophie, die der Coach vermittelt Woche für Woche. Kognitive Fertigkeiten und hoher Resilienz-Grad helfen bei der Entscheidung.
- Aufmerksamkeit
- Erinnerung
- Lernen
- Kreativität
- Planung
- Orientierung
- Vorstellungskraft
- Motivation
- Wille
Interessantes pdf von Horst Wein zum Thema „Spielintelligenz“ hier downloadbar: https://c.1und1.de/@1264577694599741839/AqIj3FtJTq24kE9ymGjzWA
Klar ist nun, das der Bereich „Kognition im Fußball“ einen wichtigen Teil eines herausragenden Spielers sein kann. Wichtig ist, das man es trainieren kann, falls die Begabung zunächst fehlt. Nicht jeder ist ein Spieler wie Messi, der bereits im Teenager-Alter Dinge sah, die auf dem Feld zuvor wenige nutzen konnten. Beherrscht man also den kognitiven Bereich, um es „grob“ auszudrücken, ist man weiter als diejenigen, die NUR den klassischen Fußball trainieren. Auch Trainer sollten im Jahre 2023 weiterhin verstärkt auf das Thema „Kognitionen im Fußball“ eingehen und sich informieren, wie sie diesen Bereich in Ihre individuellen Trainingsformen importieren können.
Möge die Macht der Kognitiven Fähigkeiten mit Ihnen sein.