
Nach dem Skandal vor einer Woche in Sinsheim um die Person Dietmar Hopp (79) sollte man genau überlegen, hinterfragen, weshalb diese Aktion auftrat, die sich in 12 Jahren aber zum x-ten Mal wiederholte.
Warum ? Was sind die eigentlichen Gründe dieser „Ultras“ ?
Der Tiefe Grund: Tradition gegen Kommerz.
Man könnte es auch so beschreiben: Hopp, Mateschitz, Abramowitsch, die ganzen Scheichs und Investmentgesellschaften wie Fenway Sports sind offenbar stellvertretend für diesen alten, neu angeheizten Machtkampf, der zwischen den „Tradition-verteidigenden“ Fans und den modern arbeitenden Klubs ausgetragen wird. Dies geschieht im Stadion, vor und nach den Spielen, auf Social-Media-Plattformen.
Um zu verstehen, was hinter dem „Kommerz“ steht (Merchandising, Sponsoring, Einzelspielervermarktung ), hier kurz die Unterschiede einzelner Körperschaften, die im Fussball notiert sind sowie die Verbindungsgründe.
1979 überlegte Uli Hoeneß, wie den FC Bayern aus der Verschuldung herausbekommen könnte, sowie in besser vermarkten, damit er einen Klub schafft, der nicht mehr nur Eintritts-und Mitgliedsbeiträgen abhängig ist. Er besorgte sich Sponsoren, ein damals unglaublich faszinierender Schritt. Denn die Trikotwerbung selbst war ja noch gar nicht so alt.
Der Präsident von Eintracht Braunschweig schaffte es, durch einen Logo-Trick, das Veto des DFB zu übergehen, in dem er den „Hirsch“ als Vereinsemblem ergänzte. Damit war die Trikotwerbung 1973 geboren. Der Start des heutigen milliardenschweren Sponsorings. Sozusagen war Mast der erste „Hopp“ des Fussballgeschäft.
Bosman-Urteil 1995 der Beginn höher Transfer/Gehaltssummen
1990 bis 1995, der Auslöser für die der Entscheidung zugrundeliegenden Schadensersatzklage war eine nach Ansicht des belgischen Profi-Fußballers Jean-Marc Bosman zu hoch angesetzte Ablösesumme seines Arbeitgebers RFC Lüttich, durch die sich Bosman in seiner Arbeitnehmerfreizügigkeit eingeschränkt sah.
Bosman reichte gegen seinen Verein und den belgischen Fußballverband eine Klage auf Schadensersatz ein. November 1990 entschied ein belgisches Gericht, Bosman könne ablösefrei zum französischen Zweitligisten USL Dünkirchen wechseln. Der belgische Fußballverband legte gegen dieses Urteil Berufung ein. In der Revisionsverhandlung bestätigten die Richter am 15. Dezember 1990 den ablösefreien Wechsel Bosmans. Gleichzeitig rief das Gericht den Europäischen Gerichtshof an, eine einheitliche Regelung zur freien Wahl des Arbeitsplatzes innerhalb der EU zu schaffen.
Der EuGH fällte am 15. Dezember 1995 (EuGH RS C-415/93, Slg 1995, I-4921) die Entscheidung, dass Profi-Fußballer innerhalb der EU normale Arbeitnehmer im Sinne des EG-Vertrages (Seit dem 1. Dezember 2009 AEUV) seien und daher die dort (insb. Art. 45 AEUV, Ex-Art. 39 EG) festgeschriebene Freizügigkeit nicht nur für behördliche (also staatliche) Maßnahmen gilt, sondern sich auch auf Vorschriften anderer Art erstreckt, die zur kollektiven Regelung der Arbeit dienen. Allerdings muss es sich dabei um kollektive Regelungen handeln, also um solche, die einen bestimmten Bereich abschließend und vergleichbar mit einem staatlichen Gesetz regeln.
Die Auswirkungen waren extrem. Die „Transferpolitik“ musste professionell angepasst werden, da es plötzlich um Verhandlungen auf kaufmännischer Basis und höhere Genauigkeit beim Scouting ging. Die Summen bei Gehälter, Bonuszahlungen, Prämien und Ablösesummen bis zu den 220 Mio Euro für Neymar schnellsten jährlich in die Höhe. Die Vereine mussten neue Einnahmequellen finden. Das finanzielle Risiko stieg enorm.
Verein wird zum Unternehmen
1998 hat die Deutsche Fußball Liga (DFL) beschlossen, dass neben der Rechtsform eines eingetragenen Vereins (e.V.) auch Kapitalgesellschaften am Spielbetrieb der Bundesliga teilnehmen dürfen.
Bereits 1992 versuchte der damalige HSV-Präsident Jürgen Hunke, den Klub in eine Breitensportabteilung und eine Profi-Fußball-Abteilung zu gliedern. Sein Plan scheiterte jedoch, da sich für die „Aktien“ der HSV Sport AG nicht genügend Abnehmer fanden. Mehrere prominente HSV-Mächtige, darunter die ehemaligen Präsidenten Peter Krohn, Wolfgang Klein und Horst Becker, sprachen sich gegen die Teilung des Vereins aus. Die Pläne wurden nicht weiter verfolgt.
Wichtig z.b auch diese Info für das heutige Problem „Tradition vs. Kommerz“: Das Wort „Kapitalgesellschaft“ steht insgesamt 36 Mal in der Satzung der DFL. Das Wort Verein hingegen 62 Mal und Vereine „nur“ 23 Mal. Dies bestätigt, dass es sich bei der Ausgliederung im Fußball nicht mehr um ein Randphänomen handelt, sondern um eine Notwendigkeit, um im Fussballgeschäft künftig überhaupt überleben zu können.
Was genau ist eine „Ausgliederung“ ?
Der an sich „maßgebliche Vorteil“ einer Ausgliederung im Fußball liegt darin, dass der „externe“ Investor bestimme %-Anteile an der Kapitalgesellschaft erwerben könnte. Im Rahmen eines eingetragenen Vereins (e.V.) wäre das ja nicht möglich. Diese %-Anteile kann sich die Kapitalgesellschaft teuer bezahlen lassen. Bestes Beispiel ist eigentlich der FC Bayern München mit seiner „AG“. Der Verein verkaufte bis heute 24,99% seiner Anteile.
2002 – Adidas – 77 Mio Euro
2010 – Audi – 90 Mio Euro
2014 – Allianz SE – 110 Mio Euro
je 8,33% – 75% FC Bayern München e.V.
Die Sperrminorität, wodurch sich der FC Bayern gegen eine zu hohe Einflussnahme der Investoren abgesichert hat.
Wenn sich der externe Investor und die Clubführung bzw. -Eigentümer einig sind, was die prozentualen Anteile angeht, ergibt sich somit automatisch auf Basis der gesamten Unternehmensbewertung ein Preis. Auf Basis von unterschiedlichen Methoden und mit Unterstützung einer renommierten Wirtschaftsprüfungs-Gesellschaft wird ein Unternehmenswert bestimmt. Dieser liegt bei den meisten Bundesligisten im dreistelligen Millionenbereich.
Beispiel Hoffenheim:
49 % Hopp-Anteile an der Hoffenheimer Fußball-Spielbetriebs GmbH schrittweise seit 1999
96 %: Dietmar Hopp (seit 2015)
Ab dem 1.7.2015 konnte Dietmar Hopp seine %-Anteile auf 96% erhöhen.
Möglich war dies durch eine Ausnahmegenehmigung der Deutschen Fußball Liga (DFL) vom Dezember 2014, die erteilt wird, wenn ein Verein mehr als 20 Jahre erheblich gefördert wurde.
4 %: Turn‑ und Sportgemeinschaft Hoffenheim 1899 e. V
Unterschied Verein, AG, GmbH
Eingetragene Verein (e.V)
Im Sinne dieser gesetzlichen Bestimmungen verfolgen Vereine überwiegend ideelle Ziele und Zwecke (keine primär wirtschaftlichen). Ein Verein sollte in das Vereinsregister eingetragen werden, damit er als juristische Körperschaft volle Rechtsfähigkeit erlangt. Damit kann auch die Anerkennung der Gemeinnützigkeit verbunden werden, d.h. die weitgehende Steuerbefreiung für die notwendigen wirtschaftlichen Aktivitäten zur Umsetzung des Vereinszwecks. Allerdings bestimmt das Vereinsrecht, dass eine Eintragung in das Vereinsregister nur erfolgen soll, wenn mindestens 7 Personen die Satzung unterzeichnet haben.
Aktiengesellschaft (AG)
Die Bezeichnung AG ist die Kurzform für die Rechtsform der Aktiengesellschaft. So handelt es sich bei der AG, wie auch bei einer GmbH um eine Kapitalgesellschaft. Größere Unternehmen nutzen in der Regel die Rechtsform der AG, da bereits für die Gründung ein Grundkapital von mindestens 50.000 Euro benötigt wird.
GmbH/ GmbH & Co KG aA
Die GmbH & Co. KGaA ist eine Kommanditgesellschaft auf Aktien (KGaA), deren Komplementär eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) ist. Die Kommanditisten dieser Gesellschaft sind weiterhin die Kommanditaktionäre der KGaA.
Dabei ist die GmbH & Co. KGaA noch eine relativ junge Gesellschaftsform, da in der Rechtswissenschaft lange Zeit umstritten war, ob eine juristische Person (GmbH) persönlich haftender Gesellschafter einer KGaA sein kann. Erst der bestätigende Beschluss des Bundesgerichtshofes vom 24. Februar 1997, Az.: II ZB 11/96 schuf Rechtssicherheit und verhalf der GmbH & Co. KGaA so zu einer gewissen praktischen Relevanz.
Zu den Unternehmen, die diese Rechtsform (wegen der 50+1-Regel) gewählt haben, zählen beispielsweise die Lizenzspielerabteilungen mehrerer Vereine der Fußball-Bundesliga wie die Borussia Dortmund GmbH & Co. KGaA.
Aber es gibt auch die Ausführung, wo der e.V. zwar „optisch“ 100% besitzt, aber als „GmbH & Co.KG aA“ der Komplementär ist.
Oder wie beim SV Wehen Wiesbaden, die eine GmbH ist, aber der Gesellschafter die „FI Fußball Invest GmbH & Co. KG „, die an der gleichen Adresse und Telefonnummer firmiert wie die BRITA GmbH, die Trinkwasserfilter herstellt, zudem dort Hanvest Immobilien GmbH, die bei „meinestadt.de“ verlinkt ist auf „brita.de“.
Was das alles noch mit dem „klassischen“ Fussballsport zutun hat, ist eine ganz andere Frage.
36 Bundesligaklubs und ihre „verkauften“ Anteile:
Bayer Leverkusen, Hannover 96 & VfL Wolfsburg – 100 %
FC Augsburg & RB Leipzig – 99 %
1899 Hoffenheim – 96 %
Borussia Dortmund – 94,5 % ( GmbH & Co KG aA )
SV Wehen Wiesbaden – 90 % ( GmbH & Co KG )
VfL Osnabrück – 50,25 % ( GmbH & Co KG aA )
Eintracht Frankfurt – 32,1 %
Arminia Bielefeld – 28,6 %
FC Bayern München – 24,99 %
Hamburger SV – 23,4 %
FC Ingolstadt – 19 %
Jahn Regensburg – 10 %
Hertha BSC Berlin – 9,7 %
Klubs, wo der e.V. und 100% Anteil/Gesellschafter/Komplementär ist:
1.FC Köln – 0 %
SC Paderborn 07 – 0 %
VfL Bochum – 0 %
FSV Mainz 05 – 0 %
SpVgg Greuther Fürth – 0 %
VfL Bochum – 0 %
Karlsruher SC – 0 %
Echte „eV.s“
FC St. Pauli – 0 %
1.FC Nürnberg – 0 %
Holstein Kiel – 0 %
Erzgebirge Aue – 0 %
SV Darmstadt 98 – 0 %
SV Sandhausen – 0 %
Dynamo Dresden – 0 %
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